Forscher wollen Patienten eine lebenslange
Therapie ersparen. Dafür sollen Insulinzellen im Labor vermehrt und in die
Bauchspeicheldrüse eingesetzt werden
Insulinzellen aus dem Labor sollen Typ-1-Diabetes heilen |
Patienten mit Typ-1-Diabetes können
aufgrund eines genetischen Defekts oder einer Autoimmunerkrankung kein Insulin
bilden. Durch die Transplantation einer intakten Bauchspeicheldrüse könnte man
sie heilen, aber die Zahl der Spender-Organe ist bei weitem nicht ausreichend.
Deshalb hatten Forscher die Idee, intakte Insulinzellen aus Spender-Organen im
Labor in Form von Organoiden zu vermehren und sie anschließend in die
Bauchspeicheldrüse von Diabetes-Patienten zu transplantieren. "Bei Mäusen
hat die Methode schon funktioniert", erklärt Francesco Pampaloni, der das
Projekt zusammen mit Ernst Stelzer am Buchmann Institut für Molekulare
Lebenswissenschaften der Goethe-Universität in Frankfurt am Main koordiniert.
Wie man Organoide herstellt, haben Forscher
erst vor Kurzem entdeckt. Ausgangspunkt sind adulte Stammzellen, aus denen im
Körper Zellen für die Wundheilung oder die Regeneration von Gewebe entstehen.
Diese Zellen kann man im Labor durch Zellteilung vermehren und dann zum
gewünschten Zelltyp ausdifferenzieren lassen. Die Kunst besteht nun darin, sie
in ein Gerüst einzubetten, so dass sie zu dreidimensionalen Gebilden
heranwachsen.
Zellen könnten absterben
Die Organoide sind zumeist kugelförmig, innen
hohl und haben einen Durchmesser von rund 20 Mikrometern – etwa halb so viel
wie der Durchmesser eines Haars – bis zu hunderten Mikrometern. "Wäre das
Gebilde kompakt, bestünde die Gefahr, dass die Zellen im Inneren nach der Transplantation
absterben, weil sie vom Zellgewebe des aufnehmenden Organs nicht versorgt
werden", erklärt Pampaloni. Die Aufgabe der Frankfurter Gruppe um Stelzer
und Pampaloni besteht darin, das Wachstum und die Differenzierung der
filigranen Organoide im Mikroskop zu kontrollieren. Dazu verwendet sie ein von
Stelzer entwickeltes lichtmikroskopisches Verfahren, mit dem man das Wachstum
biologischer Objekte in drei Dimensionen Zelle für Zelle verfolgen kann. Weil
die Lichtscheiben-basierte Fluoreszenzmikroskopie (LSFM) eine zentrale Rolle in
dem Projekt spielt, trägt es den Namen LSFM4Life.
Produktion von Medikamenten als Ziel
Weiterhin
sollen Protokolle für die Qualitätssicherung etabliert werden, denn das Projekt
ist durch die Kooperation mit Industriepartnern in Deutschland, Frankreich, den
Niederlanden und der Schweiz von vornherein darauf ausgerichtet, Organoide in
großem Maßstab nach den Regeln der guten Herstellungspraxis für Arzneimittel zu
produzieren. Zwei Forschergruppen in Cambridge sind darauf spezialisiert,
Insulinzellen aus Spender-Organen zu isolieren und Organoide herzustellen,
während eine Gruppe von Klinikern in Mailand Methoden zur Transplantation der
Organoide entwickelt. Wie bei jeder Organtransplantation wird man auch bei den
Organoiden darauf achten müssen, Abstoßungsreaktionen durch das Immunsystem dem
Empfängers zu vermeiden. Doch im Laufe der Zeit planen die Forscher,
Zell-Banken aufzubauen, aus denen für jeden Empfänger immunologisch passende
Zelltypen ausgewählt werden können.
Quelle: derstandard.at
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen